„Ein Like wird nicht die Welt verändern, aber es ist ein guter erster Schritt.“

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Klaus Schwertner, Geschäftsführer Caritas Wien, hält am Conference Day der JETZT Digital PR die Closing Keynote. Im Interview plaudert er über die Kommunikationsstrategie der Caritas, die Herausforderungen digitaler PR für NGO's und die Inhalte seines Vortrages.

JETZT: Du hältst am Conference Day der JETZT Digital PR am 11. September die Closing Keynote „Soziale Netze – Warum die digitale auch eine soziale Revolution sein muss!“. Was dürfen sich die Konferenzteilnehmer von Deiner Keynote erwarten?

Klaus Schwertner: Nicht mehr und nicht weniger als ein Plädoyer für mehr Nächstenliebe im Netz! Zahlreiche Studien belegen, dass sich Hass im Internet deutlich stärker verbreitet als positive Inhalte. Das ist im Grunde nichts Neues, denn auch im analogen Zeitalter galt schon die Maxime: Only bad news are good news. Neu ist aber: Heute müssen bad news nicht einmal mehr wahr sein, um tausendfach geteilt zu werden. Das ist ein Problem, das sich zu allererst an die Betreiber großerPlattformen richtet. Es ist aber auch der Auftrag jedes Einzelnen dafür zu sorgen, dass das Netz eben nicht nur mit Hass, sondern auch mit Liebegeflutet wird. Es geht darum, den Menschen Hoffnung zu machen und sie zu Solidarität und sozialem Engagement zu inspirieren. Bei der Caritas machen wir Tagfür Tag die Erfahrung, dass die Hilfsbereitschaft gerade im Netz unglaublich groß ist. Ich bin deshalb davon überzeugt: Es liegt an uns allen wie die Welt aussieht, in der wir leben. Das gilt sowohl für die analoge, als auch für die digitale Wirklichkeit. Unser Einsatz macht einen konkreten Unterschied. Am Conference Day der JETZT Digital PR möchte ich deshalb Einblicke darüber geben, wie wir dies als Caritas versuchen umzusetzen und wie auch jeder Einzelne von uns einen Beitrag dazu leisten kann.

JETZT: Welche Key-Insights werden die Konferenzteilnehmer aus dem Vortrag mitnehmen können?

Klaus Schwertner: Ich möchte aus der Praxis heraus aufzeigen, wie wir die Chancen und Potentiale der digitalen Medien nutzen können, um ein friedliches Miteinander im Netz zu stärken. Wie wir Nächstenliebe, Verantwortung und Solidarität im digitalen Raum leben können. Zentral ist das eigene Verhalten im Netz zu hinterfragen, Courage zu zeigen und wie im analogen Leben einzugreifen, wenn man etwas nicht okay findet. Ganz nach dem Motto „Like deinen Nächsten wie dich selbst“. Denn eines ist klar: Die digitale muss am Ende des Tages auch eine soziale Revolution sein.

JETZT: 2017 wurdest Du vom PRVA zum „Kommunikator des Jahres 2016“ gekürt. Gleichzeitig hat die Caritas mit dem Projekt „Wir helfen“ den ersten Platz in der Kategorie „Digitale Kommunikation“ beim Staatspreis PR gewonnen: Worauf ist der Erfolg der Kommunikationsstrategie der Caritas, Deiner Meinung nach zurückzuführen?

Klaus Schwertner: Für die Caritas sind soziale Medien zu allererst einInstrument, um soziales Engagement und mehr Hilfe für Menschen in Not zu ermöglichen. Es geht also um Involvierung und darum, Menschen die Möglichkeit zu geben, ihr Lebensumfeld positiv zu gestalten – sei es, indem sie unsere Inhalte teilen, sich dazu entschließen als Freiwillige an unseren Projekten teilzunehmen oder indem sie für Menschen in Not spenden. Es geht uns nicht um eine passende PR-Strategie, sondern um einen Weg, Menschen durch digitale Medien das nötige Werkzeug zu geben, um Teil der Caritas zu sein und die Welt – die analoge wie diedigitale – ein bisschen heller, menschlicher, gerechter zu machen. Mit „Wir helfen“ ist uns das gelungen – die Facebook-Seite hat tausendfache Hilfeermöglicht.

JETZT: Welche Herausforderung stellt Digitale PR für NGO’s dar?

Klaus Schwertner: Wir haben sicher nicht die Möglichkeiten und Budgets, die Kommunikationsabteilungen in große Unternehmen haben. Aber unser Vorteil besteht darin, dass wir im Vergleich zu vielen Profit-Organisationen Menschen nicht von Produkten überzeugen müssen, die sie im Grunde oft gar nicht brauchen. Gemeinnützige Hilfsorganisationen wie die Caritas bieten etwas Anderes: Es ist die Möglichkeit Gutes zu tun. Auch in der Kommunikation müssen wir uns auf die guten Dinge fokussieren – so können wir Vieles zum Positiven verändern. Wir müssen es nur wollen.

JETZT: Was ist aus Deiner Sicht das Faszinierende an den Möglichkeiten digitaler Kommunikation?

Klaus Schwertner: Das Großartige an digitalen Medien sind die unterschiedlichen Möglichkeiten Menschen zu erreichen, zu mobilisieren und miteinzubeziehen. Wir können Menschen am Rande der Gesellschaft eine Stimme geben aber auch Menschen für unsere Aktionen ins Boot holen. Die sozialen Medien bieten neue Formen des zivilgesellschaftlichen Engagements – rasch, flexibel und unbürokratisch. Sie erlauben es auf eine einfache Art und Weise Solidarität zu zeigen, gemeinsam die Stimme zu erheben und Teil etwas Größeren zu sein. Ein Like wird sicher nicht die ganze Welt verändern aber es kann ein guter erster Schritt sein.

JETZT: Was sind Deiner Meinung nach, die größten Missverständnisse in Zusammenhang mit digitaler Kommunikation?

Klaus Schwertner: Das größte Missverständnis ist zu glauben, dass die digitale Wirklichkeit die analoge Wirklichkeit ersetzen könnte. Die sozialen Medien schaffen ein vermeintliches Vertrauensverhältnis. Oft werde ich auf der Straße angesprochen, dass „wir uns eh von Facebook kennen“. Ich schätze den Austausch mit den unterschiedlichsten Menschen auf Facebook oder Twitter sehr, aber dieser Austausch kann analoge Beziehungen nicht ersetzen. Ein Facebook-Freund ist eben nicht immer gleich ein Freund. Das sorgt bei mir – und auch bei meinem Gegenüber – manchmal für Verwirrung.

JETZT: Im März hat die neue Social-Media-Kampagne gegen Armut und familiäre Gewalt gestartet. Was macht aus Deiner Sicht ein gutes Social-Media-Marketing aus?

Klaus Schwertner: #metoo hat gezeigt, wie aktuell das Thema Gewalt gegenüber Frauen in unserer Gesellschaft – noch immer – ist. Die Debatte nahm ihren Ausgang ja in den sozialen Medien. Starke weibliche Persönlichkeiten haben unter dem gleichen Hashtag über ihre Erfahrungen berichtet. Mit #wirtun wollten wir Frauen eine Stimme geben, die über keine eigenen starken Netzwerke verfügen. Jenen Frauen, denen wir in unserer Arbeit und in unseren Einrichtungen Tag für Tag begegnen. Wir haben uns dabei zu keinem Zeitpunkt die Frage gestellt, wie hier ein gutes Social-Media-Marketing aussehen könnte. Uns hat viel mehr die Frage beschäftigt, wie wir diesen Frauen bestmöglich helfen können. Ich halte das für einen wichtigen Punkt: Die beste Strategie, das beste Social-Media-Marketing ist sinnlos, wenn man nicht von der dahinterstehenden Sache überzeugt ist. Lange vor dem ersten Like stehen die Idee und die Werte. Danach kommt lange nichts. Und dann kommt erst die Frage, wie erreiche ich Menschen mit der Geschichte, die ich erzählen möchte. Wie kommt auch durch mich mehr Solidarität und Nächstenliebe ins Netz?

JETZT: Was hältst Du generell von der Idee eine monothematische Fachkonferenz zum Themenfeld Digital PR zu lancieren?

Klaus Schwertner: Sehr viel. Die digitale Kommunikation gehört vermutlich nicht zu jenen Dingen, die in naher Zukunft an Bedeutung verlieren werden. Mit Blick nach vorne sollten wir uns weiterhin mit der Frage beschäftigen, wie wir die Digitalisierung nutzen können, um die Zivilgesellschaft zu stärken.

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